Konfliktregulierung in Deutschlands pluraler Gesellschaft

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Das Forschungsprojekt innerhalb der Abteilung „Recht und Ethnologie“ hat zum Ziel, soziorechtliche Prozesse innerhalb der komplexen und pluralen Gesellschaft sowohl von der juristischen als auch von der ethnologischen Perspektive aus zu untersuchen. Ein Schwerpunkt des Projektes liegt auf der Analyse von Konfliktregulierungen in verschiedenen (u.a. ethnisch, kulturell und religiös) definierten Gemeinschaften in Deutschland. Damit will das Forschungsvorhaben, welches die postulierte Existenz konfliktträchtiger nicht-staatlicher Gerichtsbarkeiten innerhalb der im Blickfeld stehenden Fokusgruppen in Frage stellt und mittels empirischer Befunde untersuchen will, die Debatte um die sogenannte Paralleljustiz aufgreifen.

Das Forschungsprojekt folgt hauptsächlich den Theorien und Methoden der normativen Pluralität, die erkennt, dass in jedem sog. sozialen Feld zur selben Zeit unterschiedliche Ordnungsverhältnisse, Regelungskomplexe und Rechtsquellen sowie mehrere juristische Systeme nebeneinander existieren. Normative Pluralität begegnet uns in diversen Kontexten und auf unterschiedlichen Ebenen, wenn die aus verschiedenen Normen herrührenden Befehle einen Sachverhalt in unterschiedlicher Weise regeln und einen Regelungsadressaten in verschiedene Richtungen leiten. Mit diesem analytischen Werkzeug verpflichtet sich das Projekt zum einen dem sozialen und ethnologischen Ansatz des Normativen und zum anderen dem regel- und präzedenzbasierten Ansatz der Rechtswissenschaften. Aufgrund der Fokussierung unterschiedlicher Gemeinschaften wird dem Forschungsprojekt ferner das von Sally F. Moore entwickelte Konzept der semi-autonomen sozialen Felder zugrunde gelegt. Danach gibt es zwischen Staat und Individuum eine Vielzahl von interagierenden sozialen Feldern und Normproduzenten mit jeweils eigenen Rechtsordnungen, Rechtsgewohnheiten und Rechtsvorstellungen. Innerhalb dieser werden Bräuche, Regeln und Symbole generiert, die aber durch die größere soziale Matrix von außen beeinflusst und durchdrungen werden. Mittels dieses Ansatzes sollen im Rahmen der individuellen Forschungsvorhaben konkrete Handlungsweisen und Wirkmechanismen von ausgewählten Gesellschaftsbereichen untersucht und Differenzen sowie Gemeinsamkeiten mehrerer kulturell-ethnischer Rechtssphären ausgearbeitet werden. Die Auseinandersetzung mit der Koexistenz von verschiedenen Ordnungsverhältnissen und Rechtsnormen sowie juristischen Prozesse wird mithin durch eine Umfrage auf Grundlage gemeinsamer Fragestellungen um neue vergleichenden Perspektiven erweitert. Darüber hinaus sollen Beiträge zur Polymorphie des Rechtes erarbeitet und im Lichte normativer Legitimationsmuster mit den gegenwärtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland in Beziehung gesetzt, verortet und bewertet werden.

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