Die Zukunft der Arbeit

2. Dezember 2019

Vom 11. bis 13. Dezember 2019 findet am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung (MPI) eine Konferenz mit dem Titel „Work, Ethics and Freedom“ statt. Ethnologen, Soziologen und Juristen untersuchen meist anhand von Fallstudien, welche Tätigkeiten heute als Arbeit anerkannt sind und welche rationalen, emotionalen, moralischen und manchmal sogar spirituellen Dimensionen Arbeit in unterschiedlichen Kontexten hat. Es ist die erste Konferenz des Max-Cam Centers („Max Planck – Cambridge Centre for Ethics, Economy and Social Change, MAX–CAM“). Den Eröffnungsvortrag am 11. Dezember, um 18 Uhr, hält Wolfgang Streeck, Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, über verschiedene Konfigurationen im Verhältnis zwischen Universalismus und Partikularismus in der Theorie und der realen Welt.

Die moralische Bewertung von Arbeit
Arbeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Überall auf der Welt verbringen die meisten Menschen einen erheblichen Teil ihres Lebens mit Arbeit. Die Bedeutung von Arbeit kann man deshalb kaum überschätzen: Sie verändert die Menschen und ihre Umwelt, sie bestimmt den Wert eines Menschen und sie verschafft Macht und Freiräume, aber sie kann auch in unheilvolle Abhängigkeiten führen. Arbeit ist dabei ständig im Wandel. Das gilt nicht nur für ihre Formen, sondern auch dafür, was überhaupt als Arbeit gilt. „Arbeit ist immer in moralische Vorstellungen eingebettet, die darüber Auskunft geben, ob eine bestimmte Tätigkeit als wertvoll, nützlich, erstrebenswert oder als das genaue Gegenteil davon betrachtet wird“, sagt Chris Hann, einer der Direktoren von MAX-CAM.

Ethnografische Analyse von Arbeitsverhältnissen
Die meisten Vorträge der Konferenz beschäftigen sich auf der Basis von empirischen Untersuchungen und ethnografischen Beschreibungen mit dem Wandel von Arbeit und den damit verbundenen moralischen Konnotationen. „Die Erscheinungsformen von Arbeit sind infolge der wirtschaftspolitischen Liberalisierung und der Globalisierung vielfältiger und unübersichtlicher geworden“, erklärt Hann. Um diesen Wandel zu beschreiben, sind begriffliche Gegenüberstellungen wie „vorindustrielle“ und „industrielle“ Arbeit oder „moderne“ und „postmoderne“ Arbeit weit verbreitet. Gerd Spittler hat in seinem einflussreichen Buch ‚Anthropologie der Arbeit‘ jedoch gezeigt, dass solche Dichotomien für die Analyse tatsächlicher sozialer Verhältnisse eher hinderlich sein können. Die Studien der Konferenzteilnehmer nehmen deshalb in erster Linie die Perspektive der Akteure ein und zeigen unter anderem, wie die Betroffenen mit Erwerbsformen in Märkten zurechtkommen, die kaum oder gar nicht reguliert sind. Ein solcher Markt ist beispielsweise die „Gig Economy“, in der Selbstständige ihren Lebensunterhalt mit meist kleineren Aufträgen bestreiten, die über Onlineplattformen vermittelt werden. Hann: „Die neoliberale Ideologie, die das unternehmerische Selbst idealisiert, besagt, dass diese Form der Erwerbstätigkeit auch mit großen Autonomiegewinnen verbunden ist. Ob das tatsächlich so ist, werden wir auf der Konferenz diskutieren.“

Die Zukunft der Arbeit
Die Art und Weise wie Arbeit organisiert ist und welche Tätigkeiten als Arbeit anerkannt und entsprechend bezahlt werden, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft. „Arbeit kann dem Gemeinwohl und dem sozialen Zusammenhalt dienen. Sie kann aber auch polarisieren und spalten“, sagt Hann. „Es sind die wirtschaftlichen und politischen Dimensionen, die das Studium der globalen Arbeitsbeziehungen so bedeutend machen, denn sie werden bestimmen, wie unserer künftige Welt gestaltet ist.“

Max–Cam
Das Max Planck – Cambridge Centre for Ethics, Economy and Social Change ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität Cambridge, des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen und des Max-Planck-Instituts für ethnologische Forschung, Halle (Saale). Das Projekt untersucht die Schnittstelle zwischen ethischen, moralischen und religiösen Überzeugungen und wirtschaftlichem Verhalten – von der zwischenmenschlichen und lokalen Ebene bis hin zum globalen Kapitalismus. Das Zentrum wurde im März 2018 offiziell gegründet.


Erforschung des globalen sozialen Wandels
Das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung ist eines der weltweit führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Ethnologie (Sozialanthropologie). Es hat seine Arbeit 1999 mit den Gründungsdirektoren Prof. Dr. Chris Hann und Prof. Dr. Günther Schlee aufgenommen und 2001 seinen ständigen Sitz im Advokatenweg 36 bezogen. Mit Ernennung der Direktorin Prof. Dr. Marie-Claire Foblets im Jahre 2012 wurde das Institut um eine Abteilung zum Themenfeld ‚Recht & Ethnologie‘ erweitert. Forschungsleitend ist die vergleichende Untersuchung gegenwärtiger sozialer Wandlungsprozesse. Besonders auf diesem Gebiet leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Institutes einen wichtigen Beitrag zur ethnologischen Theoriebildung. Sie befassen sich darüber hinaus in ihren Projekten oft auch mit Fragestellungen und Themen, die im Mittelpunkt aktueller politischer Debatten stehen. Am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung arbeiten gegenwärtig 175 Wissenschaftler aus über 30 Nationen. Darüber hinaus bietet das Institut zahlreichen Gastwissenschaftlern Raum und Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch.


Zum Programm der Konferenz

Mehr Informationen zum Max-Planck - Cambridge Zentrum für Ethik, Wirtschaft und sozialen Wandel

Kontakt für diese Pressemitteilung
Prof. Dr. Chris Hann
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Abteilung ‘Resilienz und Transformation in Eurasien’
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-200
Mail: hann@eth.mpg.de
http://www.eth.mpg.de/hann

Kontakt für die Presse
Stefan Schwendtner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-425
Mail: schwendtner@eth.mpg.de
http://www.eth.mpg.de

Zur Redakteursansicht