Max-Planck-Fellow Dirk Hanschel zum Gastprofessor der University of Connecticut ernannt

14. Dezember 2021

Max-Planck-Fellow Dirk Hanschel ist zum Martin-Flynn-Global-Law-Professor an der University of Connecticut in den USA ernannt worden. Mit der dreijährigen Gastprofessur sind eine Mitgliedschaft sowie mehrere Gastaufenthalte an der Universität verbunden. Hanschel leitet seit 2019 die Max-Planck-Fellow-Gruppe 'Umweltrechte im Kulturellen Kontext' am MPI für ethnologische Forschung (MPI) und ist Professor für Deutsches, Europäisches und Internationales Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Wir haben mit Dirk Hanschel darüber gesprochen, wie es zu dieser Ernennung kam und welche Pläne er in den USA hat.

Herr Professor Hanschel, die University of Connecticut gilt als eine der besten staatlichen Universitäten in den USA. Was muss man tun, um dort zum Gastprofessor ernannt zu werden?
Ich war auf der Suche nach Kooperationsmöglichkeiten mit Kolleginnen und Kollegen, die wie ich und meine Gruppe auf dem Gebiet der Umwelt- und Menschenrechte forschen. Und nicht zuletzt durch einen früheren Aufenthalt als Visiting Fellow an der Juristischen Fakultät der University of Connecticut wusste ich, dass ich dort interessante Gesprächspartner finden würde.

Das heißt, Sie kannten dort schon einige Kollegen?
Ja, ich kannte beispielsweise Richard Wilson, der auch zu Menschenrechten arbeitet und ein ausgewiesener Südamerika-Experte ist. Er war schon zu Konferenzen am MPI und hat hier seine Forschung vorgestellt. Ihn habe ich gefragt, ob er an einer Kooperation Interesse hätte. Und aus diesem Kontakt ist dann schließlich auf Wilsons Vorschlag hin die Ernennung zum Gastprofessor entstanden, womit ich gar nicht gerechnet hatte.

Sind mit dieser Professur besondere Pflichten verbunden? Müssen Sie dort lehren oder bestimmte Forschungsleistungen erbringen?
Es ist natürlich die Erwartung damit verbunden, dass ich Vorträge halte und einzelne Veranstaltungen für Studierende anbiete. Aber nicht in dem Sinne, dass ich ein ganzes Semester präsent bin. Und es wird sicherlich auch erwartet, dass sich aus der angestrebten Kooperation eine fruchtbare Zusammenarbeit mit vorzeigbaren wissenschaftlichen Ergebnissen entwickelt.

Gibt es schon Pläne für gemeinsame Projekte?
Ja, neben Richard Wilson will ich unter anderem mit Joseph MacDougald zusammenarbeiten, einem Umwelt- und Energierechtsexperten an der dortigen Fakultät. Wie ich ist er am Thema der sogenannten Klimaklagen interessiert. Das sind Klagen gegen den Staat oder gegen Unternehmen, die das Ziel verfolgen, Verstöße gegen Pflichten zum Klimaschutz festzustellen und damit nicht zuletzt die Dekarbonisierung zu beschleunigen.

Wer sind die Kläger in solchen Prozessen?
Das können Individuen sein oder auch Nichtregierungsorganisationen, die mit Hilfe des Rechts versuchen, politische Entscheidungen zu beeinflussen oder herbeizuführen. Und was mich daran interessiert, ist, wie sich diese Form der Interessenwahrnehmung entwickelt, welche juristischen Mittel dafür eingesetzt werden und wie effektiv sie sind.

Wirft diese Entwicklung nicht auch Fragen der Gewaltenteilung auf?
Das kann durchaus der Fall sein. Diese Klagen führen unter Umständen dazu, dass Gerichte Entscheidungen herbeiführen, die viele Wissenschaftler eher von der Exekutive oder vom Gesetzgeber erwarten würden. Aber auch deshalb ist es so wichtig und interessant, diese Entwicklung genau zu beobachten.

Und wie kommen bei diesem Projekt ethnologische Aspekte ins Spiel?
Neben dieser rein rechtlichen Betrachtungsweise von Umweltklagen, zu der es auch schon umfangreiche Forschung gibt, interessiere ich mich als ethnologisch interessierter Jurist dafür, welche Vorstellungen von Umweltgerechtigkeit Menschen hegen, die in ihrer unmittelbaren Umgebung, in ihrer Lebenswelt, von Umweltzerstörung betroffen sind. Wie etwa indigene Gemeinschaften im Amazonas-Gebiet, sei es durch den Klimawandel, die Folgen von großen Infrastrukturprojekten wie Staudämmen oder auch durch Bergbauaktivitäten.

Aber sind die Betroffenen unabhängig von ihren eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen nicht trotzdem darauf angewiesen, staatliche Umweltschutznormen einzuklagen?
Oft ist dies der Fall, zumindest aus strategischen Gründen kann das im Einzelfall auch die beste Option sein. Mir geht es aber darum herauszufinden, inwieweit die von Seiten des Staates angebotenen Normen, etwa das Recht auf eine gesunde Umwelt oder Rechte der Natur, mit den lokalen Gerechtigkeitsvorstellungen über das Verhältnis von Mensch und Natur übereinstimmen oder inwieweit es hier auch Abweichungen oder sogar Widersprüche gibt. Und wie genau staatliche Normen zum Umweltschutz das Leben in lokalen Gemeinschaften, die stark von den Auswirkungen des immensen Ressourcenverbrauchs des Globalen Nordens betroffen sind, verändern, und wie sehr sie ihren eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen, das kann ich am besten mit ethnologischen Methoden erforschen.

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