Pétrole et changement social: rente pétrolière, dé-agriculturation et monétisation des interactions sociales dans le canton Béro au sud du Tchad

Remadji Hoinathy
Dissertation Thesis | Doktorarbeit
submitted at | eingereicht an der
Philosophischen Fakultät I, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Erdöl und sozialer Wandel in der Logone Oriental Region (Tschad). Die Auswirkungen der Erdölrente auf Landwirtschaft, Monetarisierung und soziale Interaktion im Kanton Béro

Im einleitenden Kapitel stelle ich die Fragestellung meiner Arbeit vor und gebe einen Abriss zur weltweiten Entwicklung der Ölförderung. Zudem präsentiere ich theoretische Ansätze zum Thema Öl, die für die vorliegende Studie relevant sind, sowie die Methoden, die ich zur Datengewinnung während meiner 13-monatigen Feldforschung in Tschad angewandt habe.

Kapitel 1 enthält allgemeine Informationen über den Tschad und das Hauptforschungsgebiet, den Béro-Distrikt in der Logone Oriental Region. Somit liefert es die Grundlage für ein besseres Verständnis der anderen Kapitel.

Kapitel 2 präsentiert internationale (Ölkonzerne, Weltbank) und nationale (tschadische Staat) Diskurse über das Tschad-Kamerun Ölprojekt, die von Beginn an kontrovers geführt wurden, zum Teil aber auch große Hoffnungen auf lokaler Ebene weckten. Einerseits äußerten sich NGOS sehr kritisch zum Zustandekommen und der Durchführung des Ölförderprojektes. Die Regierung des Tschads zusammen mit dem von ExxonMobil geführten Ölkonsortium und der Weltbank betonen dagegen, dass die Lizenzgebühren wichtige Einnahmen für die Entwicklung des Tschads darstellen werden. Es wurde eine wunderbare Vision eines Entwicklungsmythos präsentiert und angekündigt, dass mit dem Ölförderprojekt für den Tschad und seine Einwohner eine ‚goldene Ära’ beginnen würde. In ärmeren ländlichen Gebieten wie z.B. dem Béro-Distrikt verfestigte sich dieser Entwicklungsmythos sehr stark und hatte auch soziale Auswirkungen. In den Anfangsjahren des Projektes wurden einige wenige Bauern als Arbeiter für das Ölprojekt angestellt. Andere erhielten Sach- oder Geldentschädigungen für ihr Land, die darauf wachsenden landwirtschaftlichen Produkte und Bäume und die darauf gebauten Häuser, die für das Ölförderprojekt vereinnahmt oder deren Nutzung beeinträchtigt wurde. Viele dieser geringfügig Begünstigten hatten vollstes Vertrauen in den Entwicklungsmythos und gaben ihre Entschädigungen vielfach einfach aus, ohne sie langfristig anzulegen. Viele betrachteten das Geld als ‚Manna’, das vom Himmel fallen würde solange das Öl fließt. Acht Jahre später (2008) mussten die Bewohner feststellen, dass die Versprechen nicht gehalten wurden: ihre Entschädigungen hatten sie meist schon ausgegeben, Arbeitsplätze wurden rar und die Arbeitsbedingungen unsicher, Investitionen hatten sich amortisiert oder wurden nicht mehr genutzt, und die versprochenen Straßen, Krankenhäuser und andere Projekte waren entweder gar nicht oder nur unzureichend realisiert worden. Inzwischen ist aus dem mit dem Öl verbundenen Traum Enttäuschung geworden und die Diskurse der ländlichen Bevölkerung zu Öl haben sich nachhaltig verändert hin zu einem negativen Bild vom Öl, den Ölkonzernen und dem Tschad als öl-produzierendem Land. Ich verwende hier den Ansatz der Translation (Czarniawska und Joerges 1996, Sally 2006, Rottenburg 2008), um zu zeigen, wie die Diskurse zu Öl soziale Praktiken im Béro-Distrikt beeinflussen.

Kapitel 3 analysiert die veränderten Muster des Zugangs zu Land, die sich infolge des Ölprojektes für landwirtschaftliche Flächen ergaben. Für die Mango bilden die Beziehungen zum Raum und den darin vorhandenen Ressourcen die Grundlage für ihre soziale Organisation und ihre Wirtschaftsweise. Die vom Öl verursachten Veränderungen führten zu neuen sozialen Dynamiken in Verbindung mit dem Land. Zum einen wurden die traditionellen Landbesitzverhältnisse und Mechanismen des kollektiven Landmanagements abgeschafft zugunsten ‚modernen’ Landbesitzrechts. So wurden große Flächen von Feldern und Wäldern in kleine Flurstücke unterteilt und es blieb nur wenig Raum dazwischen übrig, der von den Menschen zum landwirtschaftlichen Anbau genutzt werden konnte. Es gibt keinen Raum mehr für großflächige landwirtschaftliche Nutzung mit Feuerrodungen und zeitweiser Brachlegung von Flächen. Viele Bauern besitzen gar kein Land mehr oder nicht genug, um sich und ihre Familien zu ernähren. Als Folge geht die landwirtschaftliche Produktion zurück und die Preise für Grundnahrungsmittel steigen inflationär, da die Bauern auch in der sonst so geschäftigen Regenzeit nichts anbauen können. Dies führt bei den Bauern zu einem allgemeinen Gefühl von Unsicherheit und Ungewissheit. Zum anderen hat Land aufgrund der Entschädigungen, die das Ölkonsortium an die Besitzer gezahlt hat, einen konkreten Geldwert erlangt. In Bezug auf die Ressource Land kamen neue Transaktionen wie Kauf, Miete und Pacht auf. Mit Referenz auf Schlees Ansatz zur Konfliktanalyse (2008) zeige ich, dass im Zuge des Ölprojekts Konfliktdynamiken, die zwischen einzelnen Bauern sowie zwischen den Bauern und den semi-nomadischen Rinderhaltern bereits existierten, neue Dimensionen erlangten. Hier gab es eine Verschiebung hin zu einer Identifikationsrhetorik zwischen Christen einerseits und Animisten und Muslimen andererseits. Auch gab es Gebietsstreitigkeiten zwischen verschiedenen Distriktverwaltungen im Ölgebiet. Insgesamt bietet Kapitel 3 einen Überblick zur Situation der Bauern im Ölgebiet. Sie haben immer weniger Land für den Anbau, während Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft entweder nicht vorhanden sind oder sehr schlecht bezahlt werden. Gleichzeitig zeigen soziale Maßnahmen von ExxonMobil zur Bekämpfung der Projektauswirkungen, wie etwa die Umschulung der Bauern zu Mechanikern, Tischlern und Schneidern oder die Modernisierung der Landwirtschaft nur verschwindend geringe Wirkung.

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