Soziale Beziehungen und Arbeit im Kapitalozän
Vom 23. bis 25. Januar findet am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung (MPI) eine Konferenz mit dem Titel „Social Relations of the Capitalocene: Work, Value(s) and Personhood Below the Commanding Heights“ statt. Im Zentrum der Konferenz steht die Präsentation von Fallstudien, die sich mit sozialen Beziehungen in Unternehmen und der Wertorientierung von Unternehmern weltweit beschäftigen. Die Konferenz wird von Prof. Dr. Chris Hann, Prof. Dr. Lale Yalçın-Heckmann und der vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Forschungsgruppe „REALEURASIA“ der Abteilung ‚Resilienz und Transformation in Eurasien‘ am MPI organisiert. Die Tagungssprache ist Englisch.
Globale Krisen und wirtschaftliches Handeln
Der Beginn des 21. Jahrhundert ist durch zahlreiche weltumspannende Krisen gekennzeichnet, die nahezu jeden Menschen unmittelbar betreffen. Die Zerstörung der Umwelt, die größer werdende soziale Ungleichheit, die Auswirkungen des Finanzkapitalismus und die durch all diese Faktoren ausgelösten globalen Migrationswellen haben eines gemeinsam: Sie beruhen nicht auf natürlichen Ursachen. Sie sind von Menschen gemacht. „Ich würde noch einen Schritt weitergehen und nicht einfach menschliche Handlungen für die Krisen verantwortlich machen, sondern ganz spezifische wirtschaftliche Transformationsprozesse, insbesondere die kapitalistische Produktionsweise und die damit einhergehende Akkumulation von Kapital in den Händen weniger“, sagt Chis Hann, Direktor der Abteilung „Transformation und Resilienz in Eurasien“ am MPI. Für diese Diskussion um die Ursachen der sozialen und ökologischen Krise hat der amerikanische Soziologe Jason W. Moore den vieldiskutierten Begriff „Kapitalozän“ geprägt.
Die meisten Menschen arbeiten in Kleinbetrieben
In dem vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Projekt „Realising Eurasia: Civilisation and Moral Economy in the 21st Century“ (Grant agreement n. 340854) hat die Gruppe um Chris Hann die spezifischen Formen der Arbeit und Wertschöpfung in kleinen und familiengeführten Unternehmen in Eurasien untersucht. „Durch intensive ethnografische Feldstudien in acht verschiedenen Ländern haben wir auf der Basis empirischer Daten analysiert, inwieweit sich traditionelle soziale Beziehungen wie Verwandtschaft, Freundschaft und die Bindung an religiöse Werte mit kapitalistischen Mechanismen und Handlungslogiken vereinbaren lassen“, sagt Hann. Auf der Konferenz „Social Relations of the Capitalocene: Work, Value(s) and Personhood Below the Commanding Heights“ stellen die Mitglieder der Forschungsgruppe jetzt die Ergebnisse ihrer vierjährigen Tätigkeit vor. Die Forschung in Kleinbetrieben ist insbesondere deshalb relevant, weil weltweit die meisten Menschen in kleinen Betrieben arbeiten und nicht etwa in den globalen agierenden Konzernen mit ihrer allgegenwärtigen medialen Präsenz.
Die Resilienz sozialer Beziehungen im Kapitalismus
„Unsere Untersuchungen in Kleinbetrieben zeigen, dass soziale Beziehungen auf sehr unterschiedliche und vielfältige Weise von der kapitalistischen Produktions- und Tauschlogik geprägt sind. Es ist aber andererseits keineswegs so, dass sie vollständig von ihr vereinnahmt oder dominiert werden. Viele soziale Beziehungen haben sich als sehr resilient und einflussreich erwiesen“, erklärt Hann. Um die Erkenntnisse der Forschungsgruppe mit anderen Daten und theoretischen Ansätzen zu vergleichen, wurden für diese Konferenz zahlreiche international renommierte Wissenschaftler eingeladen, die von ihren jeweiligen Projekten berichten werden.
Erforschung des globalen sozialen Wandels
Das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung ist eines der weltweit führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Ethnologie (Sozialanthropologie). Es hat seine Arbeit 1999 mit den Gründungsdirektoren Prof. Dr. Chris Hann und Prof. Dr. Günther Schlee aufgenommen und 2001 seinen ständigen Sitz im Advokatenweg 36 bezogen. Mit Ernennung der Direktorin Prof. Dr. Marie-Claire Foblets im Jahre 2012 wurde das Institut um eine Abteilung zum Themenfeld ‚Recht & Ethnologie‘ erweitert. Forschungsleitend ist die vergleichende Untersuchung gegenwärtiger sozialer Wandlungsprozesse. Besonders auf diesem Gebiet leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Institutes einen wichtigen Beitrag zur ethnologischen Theoriebildung. Sie befassen sich darüber hinaus in ihren Projekten oft auch mit Fragestellungen und Themen, die im Mittelpunkt aktueller politischer Debatten stehen. Am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung arbeiten gegenwärtig 175 Wissenschaftler aus über 30 Nationen. Darüber hinaus bietet das Institut zahlreichen Gastwissenschaftlern Raum und Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch.
Zum Programm der Konferenz
Mehr Informationen zur Forschungsgruppe
„Realising Eurasia: Civilisation and Moral Economy in the 21st Century“
Kontakt für diese Pressemitteilung
Prof. Dr. Chris Hann
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Abteilung ‘Resilienz und Transformation in Eurasien’
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-200
Mail: hann@eth.mpg.de
http://www.eth.mpg.de/hann
Prof. Dr. Lale Yalçın-Heckmann
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Abteilung ‘Resilienz und Transformation in Eurasien’
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-221
Mail: yalcin@eth.mpg.de
http://www.eth.mpg.de/yalcin
Kontakt für die Presse
Stefan Schwendtner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-425
Mail: schwendtner@eth.mpg.de
http://www.eth.mpg.de