JUST MIGRATION: Arbeitsmigrationsregime im transnationalen Kontext
 

Forschungsskizze

In den letzten zehn Jahren haben die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Bemühungen um die Zuwanderung von Arbeitskräften verstärkt, nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels und des zunehmend artikulierten Fachkräftemangels im Kontext einer nach wie vor globalisierten und vernetzen Wirtschaft. Die gesetzliche Gestaltung der Arbeitsmigration ist jedoch komplex und mit vielfältigen Herausforderungen verbunden. Unter Arbeitsmigration wird hier in erster Linie legale Migration verstanden. Sie umfasst sowohl die vorübergehende oder dauerhafte grenzüberschreitende Veränderung des Lebensmittelpunkts zum Zweck der Arbeitsaufnahme, als auch den Arbeitsmarktzugang von Personen, die ursprünglich aus anderen Gründen (z. B. aus familiären Gründen oder aud Gründen des humanitären Schutzes) eingereist sind. Die rechtliche Regulierung der Arbeitsmigration in der EU und ihren Mitgliedstaaten ist derzeit mit drei zentralen Herausforderungen konfrontiert:

Eine erhebliche Marktorientierung und Marktförmigkeit der Organisation von Arbeitsmigration, bei der mehr und auch private Akteure in die Regulierungsaktivitäten einbezogen werden (marketization); (2) die immer stärker artikulierte Forderung, dass die Steuerung der Arbeitsmigration die Auswirkungen auf die Herkunftsländer und auf die Migranten selbst berücksichtigen sollte (transnationalization); (3) die politische Forderung, die Arbeitsmigration so zu organisieren, dass ihre wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit gewährleistet ist (sustainability). Diese Herausforderungen sind zwar nicht genuin neu, gewinnen aber vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung in Europa, einer durch Krieg, Klimawandel und De-Globalisierungstendenzen unter Druck stehenden Weltwirtschaft und nicht zuletzt durch den starken politischen Druck von Rechtspopulisten an Brisanz.

In den komplexen Prozessen der Arbeitsmigration spielt das Recht eine vielschichtige Rolle. Es wirkt in einem komplexen Zusammenspiel mit verschiedenen anderen Infrastrukturen kommerzieller, wirtschaftlicher, kultureller und technologischer Art, die Arbeitsmigration im 21. Jahrhundert prägen. Hierbei ist eine Vielzahl von Akteuren beteiligt, sowohl öffentliche (Herkunfts- und Zielländer) als auch private (Migranten, Arbeitgeber, Vermittler), deren verfahrensrechtliche Rolle und rechtliche Verantwortlichkeit häufig nicht vollständig geklärt sind. Arbeitsmigration bewegt sich somit in einem Dreiecksverhältnis zwischen privaten Interessen, öffentlichen Interessen und der Nachhaltigkeit im Hinblick auf die langfristigen Auswirkungen auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Dieser Kontext macht die Steuerung der Arbeitsmigration durch das Recht zu einer besonderen Herausforderung. Die Konsequenzen dieser Herausforderungen für die rechtliche Regulierung der Arbeitsmigration werden von der Rechtswissenschaft derzeit noch nicht vollständig erfasst. Wir wissen immer noch zu wenig darüber, wie das Arbeitsmigrationsrecht von denjenigen wahrgenommen wird, deren Verhalten es steuern soll, d. h. von den Migranten selbst. Ebenso ist nicht hinreichend erforscht, welche Auswirkungen das Arbeitsmigrationsrecht auf die Herkunftsländer und ihre Gesellschaften oder Volkswirtschaften hat. Schließlich liegen bislang kaum Vorschläge vor, wie diese Perspektiven in das Recht integriert werden können.

Vor diesem Hintergrund untersucht JUST MIGRATION i) wie das Recht der Arbeitsmigration im Kontext der drei Herausforderungen (marketization, transnationalization und sustainability) verhandelt und gestaltet wird; ii) analysiert die potenziell nachteiligen, ausgrenzenden und abschreckenden Auswirkungen des derzeitigen Arbeitsmigrationsrechts in der EU und ihren Mitgliedstaaten; iii) untersucht die Wahrnehmung des Arbeitsmigrationsrechts der EU und der Mitgliedstaaten durch die Herkunftsländer und die Migranten und versucht iv) Wege aufzuzeigen, wie das Arbeitsmigrationsrecht die Interessen der verschiedenen Interessengruppen besser berücksichtigen könnte, um ihre Partizipation und Selbstbestimmung im Kontext der Steuerung von Arbeitsmigration zu stärken.

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