Das Alumni-Interview: 10 Fragen an Michaela Pelican

16. August 2019

1. Von wann bis wann waren Sie am MPI und was haben Sie hier gemacht?
Ich war von 2000 bis 2006 Mitglied der Abteilung „Integration und Konflikt“ und habe an meiner Dissertation über interethnische Beziehungen und Identitätspolitik im Grasland Kameruns gearbeitet.

2. Wo sind Sie jetzt und was machen Sie dort?
Jetzt bin ich Professorin für Ethnologie an der Universität zu Köln und Mitglied des Global South Studies Center (GSSC).

3. Wie sehr hat Ihre Tätigkeit am MPI Ihre jetzige berufliche Situation geprägt?
Neben der Förderung meiner Forschungsinteressen habe ich von der Möglichkeit profitiert, Kolleg*innen und Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt kennenzulernen und berufliche Kontakte und Arbeitsbeziehungen aufzubauen, die auch heute noch relevant sind. Zum Beispiel habe ich am MPI zum ersten Mal japanische Kolleg*innen getroffen, die sich mit Afrika beschäftigen. Später konnte ich Kontakte zum African Studies Center der Universität Kyoto knüpfen und bekam die Gelegenheit zu einem sechsmonatigen Gastaufenthalt. Daraus resultierte eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Junko Maruyama sowie gemeinsame Publikationen über indigene Bewegungen im westlichen und südlichen Afrika.

4. Was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an die Zeit am MPI zurückdenken?
Im Rückblick auf meine Zeit am MPI schätze ich vor allem das intellektuell anregende Umfeld, die großzügige finanzielle Ausstattung, die administrative Unterstützung und die lebendige soziale Atmosphäre. MeineKolleg*innen und ich konnten uns auf unsere Forschungen konzentrieren und das akademische Leben in vollen Zügen genießen. Bei der Betreuung meiner eigenen Doktorand*innen wird mir klar, wie privilegiert wir damals waren.

5. Haben Sie noch Kontakt zum MPI und wenn ja, welchen und zu wem?
Im vergangenen Jahr organisierten meine ehemaligen MPI-Kolleg*innen Rita Sanders, Aimar Ventsel und ich gemeinsam einen Workshop zum Thema „Borders and Boundaries within and at the Edges of Europe“ an der Universität Tartu, wo Aimar heute arbeitet. Außerdem treffe ich häufig Ethnolog*innen, die zu einem früheren Zeitpunkt am MPI gearbeitet haben. So kooperiere ich beispielsweise in meiner aktuellen Forschung zu afrikanischen Migrant*innen in China – die Teil des Forschungskonsortiums „Immigrant China“ ist –mit Caroline Grillot, einer ehemaligen Mitarbeiterin der Abteilung „Resilienz und Transformation in Eurasien“, die in den vietnamesisch-chinesischen Grenzgebieten gearbeitet hat.

6. Woran forschen Sie im Augenblick?
Mein derzeitiger Forschungsschwerpunkt liegt auf Süd-Süd-Migration, insbesondere von Kamerun in die Golfstaaten und nach China. Gleichzeitig beschäftige ich mich aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen in Kamerun – der sogenannten „anglophonen Krise“, die sich zu einer bürgerkriegsähnlichen Situation in den anglophonen Teilen des Landes entwickelt hat – erneut mit Fragen von Ethnizität und Konflikt, die an meine Dissertationsforschung anschließen.

7. Was planen Sie in der Zukunft?
Meine Absicht ist es, die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen im Globalen Süden zu stärken und den Wissensaustausch zwischen Süden und Norden in Lehre und Forschung zu fördern. Dabei baue ich auf die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Institutionen in Afrika, Asien und Lateinamerika, die durch das Global South Studies Center (GSSC) der Universität zu Köln unterstützt wird.

8. Warum sind Sie Ethnologin geworden?
Es war meine Großmutter, die mich dazu inspirierte, nach der Schule nach Afrika zu gehen. Anschließend habe ich mich dazu entschlossen, Ethnologie zu studieren, weil ich verstehen wollte, wie Menschen in ihrer sozialen und natürlichen Umwelt leben, wie sie ihrem Leben Sinn verleihen und wie wir respektvoll miteinander umgehen und Diversität positiv gestalten können.

9. Was würden Sie heutigen Studierenden der Ethnologie raten?
Ich empfehle den Studierenden, die forschungsorientierten Angebote sowie Programme zur Förderung der internationalen Mobilität zu nutzen. Darüber hinaus ermutige ich sie, frühzeitig eine außereuropäische Sprache zu lernen, da es Ihnen später den Erwerb einer lokalen Sprache in ihrem Feldforschungsgebiet erleichtern wird.

10. Welcher Text – Buch oder Artikel – hat Sie in letzter Zeit beeindruckt?
Ich habe viel gelernt aus der Lektüre des Buches “Southern Theory: The Global Dynamics of Knowledge in Social Science” von Raewyn Connell (2007, London: Polity Press). Es ist ein anspruchsvoller, aber informativer Text und spiegelt Connells genuines Interesse und seinen Respekt für Wissenschafter*innen aus dem Globalen Süden wider. Ich habe das Buch gemeinsam mit Master-Studierenden gelesen, die es schätzten, sich mit der Wissensproduktion in verschiedenen Teilen der Welt und abseits der üblichen ethnologischen Lehrinhalte auseinanderzusetzen. Ich bin auch ein großer Fan der Podcast Serie von Freakonomics Radio, die wissenschaftliche Erkenntnisse auf informative und unterhaltsame Weise bündelt. Meine Lieblingsepisode ist "The Troubled Cremation of Stevie the Cat".

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