Placemaking: Somalische Migranten in kenianischen Städten
Nach dem Zusammenbruch des politischen Systems Siad Barres 1991 flohen rund 400.000 Menschen von Somalia nach Kenia. Die kenianische Regierung versuchte den Aufenthalt dieser Migranten auf Flüchtlingslager zu beschränken - im größten von ihnen, Dadaab, leben momentan rund 450.000 Menschen aus Somalia. Allerdings bevorzugten viele Flüchtlinge ein Leben außerhalb der Lager, entweder in den somalischen Gebieten in Kenia (North Eastern Province) oder in Städten wie Nairobi, Mombasa und Nakuru. Bis zu 100.000 Flüchtlinge leben, oft illegal, in den städtischen Zentren. Zeitgleich mit dem Zuzug der somalischen Flüchtlinge in die Städte siedelten sich auch kenianische Somalis aus North Eastern Province in den städtischen Zentren an. Seit Beginn dieser verstärkten somalischen Migration und Urbanisierung kam es immer wieder zu Konflikten in den Städten zwischen der lokalen Bevölkerung und den somalischen Migranten. Im Zuge dieser Spannungen werden Somalis von der lokalen Bevölkerung oft unterschiedslos als muslimische Fundamentalisten dargestellt, die für eine Radikalisierung des Islam in Kenia und das Übergreifen des Terrorismus auf die Nachbarländer Somalias verantwortlich seien, und/oder als skrupellose Unternehmer beschrieben, die Piratengelder verwendeten um die Kontrolle über die kenianische Wirtschaft zu erlangen. Das Forschungsprojekt stellt diese Annahmen in Frage, indem untersucht wird, welchen Einfluss somalische Migranten seit Anfang der 1990er tatsächlich auf die lokalen urbanen Gesellschaften hatten.
Nakuru, die Stadt, in der die Forschung hauptsächlich durchgeführt wurde, liegt im Rift Valley und hat rund 350.000 Einwohner. Sie ist etwa 2 Stunden mit dem Auto westlich von Nairobi entfernt. Die somalische Bevölkerung in Nakuru ist deutlich kleiner als die in dem inzwischen berühmten ‚somalischen’ Stadtteil in Nairobi, Eastleigh, in dem alleine fast so viele Menschen wohnen wie in Nakuru. Aber auch in Nakuru leben rund 10.000 somalische Migranten, die überwiegenden Mehrheit von ihnen kam nach 1990. Als diese Migration begann, gab es jedoch schon eine somalische Siedlung in Nakuru, die während der Kolonialzeit gebaut wurde. Die Familien der meisten Bewohner dieser Siedlung kamen aus British Somaliland und arbeiteten für die britische Armee oder Administration. Seit den frühen 1990er Jahren fand ein Austausch der Bevölkerung statt. Während Migranten aus Somalia und dem nordöstlichen Kenia in die Städte zogen, wanderten viele junge Menschen aus der somalischen Siedlung nach Europa oder Nordamerika aus. Die meisten der somalischen Migranten in Nakuru kommen aus der kenianischen North Eastern Province, es leben jedoch auch rund 2.000 Flüchtlinge aus Somalia in der Stadt. In den letzten Jahren kam eine vierte Gruppe von Migranten hinzu – Somalis die aus Europa, Nordamerika und arabischen Ländern ‚zurück’ kehren. Dies sind häufig finanziell besser gestellte Familien mit Kindern, die nicht mit einem westlichen sondern mit einem afrikanischen Lebensstil aufwachsen sollen. Neben der Untersuchung des Einflusses somalischer Migranten auf die Entwicklung der lokalen städtischen Gesellschaften in Kenia liegt der Fokus der Forschung auf der Interaktion zwischen diesen sehr unterschiedlichen Gruppen somalischer Migranten in den Städten, ihrer jeweiligen Integration in die urbane Gesellschaft und der Konstruktion von Identität und Differenz in diesem Prozess.