Beteiligte
Die von der Max-Planck-Gesellschaft finanzierte Forschungsinitiative Herausforderungen von Migration, Integration und Exklusion (WiMi) ist auf drei Jahre angelegt (2017–2020). Die Leitung liegt bei Prof. Dr. Marie-Claire Foblets (Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle/Saale) und Prof. Dr. Steven Vertovec (Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen). Prof. Dr. Ayelet Shachar ist einer der Gründungsvorsitzenden der Initiative. Projektkoordinatorin ist Dr. Zeynep Yanasmayan (Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle/Saale).
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Heidelberg)
Prof. Dr. Armin von Bogdandy, Catharina Ziebritzki
Exklusion und Inklusion bei Asylentscheidungen innerhalb und außerhalb der EU
Wie reagiert die EU auf Mängel in den nationalen Asylbehörden, insbesondere auf systemische Mängel und "Hotspots" an den EU-Außengrenzen? Wie lassen sich die Reaktionen der EU und vor allem die operative Unterstützung der des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) im Hinblick auf das Individuum (den/die Asylsuchende/n) und auf die Verwaltungsorgane (der Mitgliedsstaaten und der EU) rechtlich auswerten? Sind diese EU-Maßnahmen aus Sicht der Asylsuchenden neue Mechanismen der Exklusion oder wirken sie inklusiv? Lassen sich bestimmte Tendenzen in der Evolution der europäischen Verwaltung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erkennen?
Im Migrationskontext wird Exklusion meistens im Sinne von Exklusion durch Recht verstanden, d.h. durch eine Verwaltungsentscheidung, die in Anwendung rechtlicher Regelungen in einem Verwaltungsverfahren getroffen wird. Dieses Projekt befasst sich hingegen mit einer anderen Exklusionsform: der Exklusion aus dem Recht, z.B. fehlender Rechtszugang aufgrund systemischer Mängel in der Verwaltung, die den Zugang zu bestimmten Rechtsmitteln verhindern. Die Ziele des Projektes sind: (i) die Problemlage (systemische Mängel, Hotspots) herauszuarbeiten; (ii) die Reaktionen der EU darauf zu analysieren (unter besonderer Berücksichtigung der asymmetrischen Europäisierung der Verwaltung); (iii) diese Reaktionen aus der Perspektiven des Individuums einerseits und der europäischen Verwaltung andererseits auszuwerten; sowie (iv) mögliche alternative Maßnahmen zu entwickeln.
Max-Planck-Institut für demografische Forschung (Rostock)
Dr. Silvia Loi,Dr. Anna Oksuzyan,Dr Daniela Vono de Vilhena
Die schwindenden Gesundheitsvorteile von Migranten über die Zeit und über Generationen
Im Mittelpunkt des Projekts stehen drei miteinander verknüpfte Phänomene: der Gesundheitszustand von Migranten, die Änderung des Gesundheitszustandes im Zeitverlauf und wie sich Gesundheitsunterschiede über Generationen von Migranten hinweg entwickeln. Ein Augenmerk liegt dabei insbesondere auf der Rolle der sozialen Ausgrenzung bei diesen Prozessen.
Um im vollen Umfang am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen ist Gesundheit unabdingbar: sie ermöglicht Migranten den Zugang zu Bildung und Sprachkenntnissen, beruflicher Ausbildung und dem Arbeitsmarkt im Aufnahmeland, sowie die gesellschaftliche Teilhabe im weiteren Sinne. Ein schlechter Gesundheitszustand ist dagegen mittelbar und unmittelbar mit sozialer Ausgrenzung verknüpft. Gesundheit und soziale Eingebundenheit sind also sich gegenseitig verstärkende Phänomene.
Anhand von hochqualitativen Register- und Umfragedaten werden im europäischen Kontext Unterschiede zwischen Migranten und Einheimischen bei der Gesundheit und der Sterblichkeit untersucht. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Betrachtung des Einflusses unterschiedlicher Dimensionen von sozialer Ausgrenzung – Zugang zu sozialen Aufstiegschancen und zum Arbeitsmarkt, Aufenthaltsstatus, usw. – auf den Gesundheitszustand. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwieweit soziale Ausgrenzung durch schlechte Gesundheit bedingt ist bzw. schlechte Gesundheit durch soziale Ausgrenzung hervorgerufen wird.
Unterschiede in Gesundheit und Lebenserwartungen nach Geschlecht und ethnischer Herkunft – eine registerbasierte Studie
Forschungsergebnissen zufolge haben Migranten eine höhere Lebenserwartung gegenüber der einheimischen Bevölkerung, obwohl Migranten meist über einen schlechteren Gesundheitszustand und mehr chronische und psychische Erkrankungen berichten. Eine Untersuchung der kontextbezogenen Aspekte von Migration kann maßgeblich dazu beitragen, die damit verbundenen gesundheitlichen Vor- und Nachteile zu verstehen. Menschen, die aus Gründen des Familiennachzugs oder als Flüchtlinge auswandern, könnten sich im Aufnahmeland anderen Problemen gegenüber sehen als Menschen, die auswandern, um zu arbeiten oder zu studieren. Der Gesundheitszustand von Migranten wird auch davon beeinflusst, ob sie alleine einreisen, zu anderen Familienmitgliedern nachziehen oder zusammen mit der Familie ankommen oder ob sie mit anderen Migranten oder mit Einheimischen des Ziellandes verheiratet sind. Ebenso ist Geschlecht ein wichtiger kontextueller Faktor, der Migrationserfahrungen strukturiert, der aber in Studien über Gesundheit und Lebenserwartung von Migranten häufig zu wenig Beachtung findet. Anhand von Register- und Erhebungsdaten wird untersucht, wie diese kontextbezogenen Faktoren einen Beitrag zur Erklärung der Gesundheits- und Sterblichkeitsunterschiede unter Migranten in Europa leisten können, besonders im Hinblick auf mögliche genderspezifische Variationen.
Undokumentierte Migranten und irreguläre Arbeiter in Deutschland: politische Herausforderungen und Lösungsansätze, 1950-2019
Dieses Projekt richtet den Fokus auf irreguläre Migration in Deutschland. Nach Definition der Internationalen Organisation für Migration (IOM) versteht man unter "irregulären Migranten" Menschen, die unerlaubt oder ohne die nach dem Migrationsrecht benötigten Dokumente in ein Land einreisen oder sich dort aufhalten oder arbeiten. In der Praxis ist der irreguläre Status einer der wichtigsten Faktoren, die zur sozialen Exklusion von Migranten in den Aufnahmeländern beiträgt, denn die Bezeichnung eines Menschen als "irregulär" ist an sich ein Akt der Exklusion. Obwohl sie "offiziell" von den Rechten eines Staatsbürgers in den Migrationsländern ausgeschlossen sind, nehmen Migranten, die als "irregulär" gelten, trotzdem am gesellschaftlichen Leben teil: Wie alle anderen Bürger arbeiten sie, kaufen Waren und bauen Beziehungen zu anderen Menschen auf. Da es sich aber um ein undokumentiertes Phänomen handelt, ist es extrem schwierig, sein Ausmaß präzise abzuschätzen. Dieses Projekt soll einen Beitrag zur Forschung über irreguläre Migration in Deutschland leisten, indem wir: (1) einen Bericht über den Stand der Forschung erstellen, (2) die Migrationsgesetzgebung und die Regulierung irregulärer Migration auf Bundesebene seit 1950 analysieren, (3) die vorhandenen empirischen Daten zusammentragen und ihren Gültigkeitsbereich auswerten sowie (4) die Einschränkungen des aktuellen Systems ermitteln und Szenarien möglicher Initiativen zur Verbesserung des Wissensstandes und der Politikgestaltung herausarbeiten.
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (Berlin)
Prof. Dr. Margrit Pernau, Dr. Benno Gammerl, Dr. Deepra Dandekar, Dr. Soňa Mikulová
Migration und Exklusion: Flüchtlinge in Indien nach 1947
Im Zuge der Gründung Indiens und Pakistans 1947 als unabhängige Staaten siedelten mehr als 10 Millionen Hindus und Muslime über die neuen Staatsgrenzen in beide Richtungen um. Die Teilung in zwei Länder wird meist als Ergebnis der nationalistischen Bewegung verstanden – ein Zustand, der später durch die massenhaften Gewaltausbrüche während des Bevölkerungsaustausches erschwert wurde. Dennoch spielten die beiden neu gebildeten Staaten eine entscheidende Rolle bei der Verschärfung der Abgrenzung zwischen Hindus und Muslimen und ihren jeweiligen, auf religiösen Unterschieden basierenden emotionale Gemeinschaften in Indien. Mit Focus auf Exklusion werden in diesem Projekt unterschiedliche Auffassungen von Heimat und Nation untersucht, die diese emotionale Gemeinschaften in Indien prägten. Archivmaterial und andere schriftliche Quellen dienen als Grundlage für die Analyse der Herausbildung von multiplen kontestierten Identitäten und emotionale Gemeinschaften unter den Flüchtlingen, die nach der Teilung ihre alte Heimat verließen und auf die Gründung einer Neuen hofften. Es wird untersucht, wie Migranten an temporären emotionale Gemeinschaften in Flüchtlingslagern teilnahmen und gleichzeitig versuchten, eine imaginäre ideale Gemeinschaft, Heimat und Nation aufzubauen. Die Vorstellungen der Flüchtlinge von Heimat waren jedoch nicht homogen, da Frauen und Männer ihren Status und die Lage, in der sie sich befanden, je nach Kaste, Beruf, Herkunftsregion, Religion und Sprache unterschiedlich auffassten. Ihre Partizipation an der Schaffung neuer pluralistischer emotionale Gemeinschaften wurde intensiv diskutiert und beeinflusste schließlich auch die postkolonialen Konflikte in Indien.
Integration der Sudetendeutschen in der Bundesrepublik nach 1945: Inklusion, Exklusion und emotionale Gemeinschaften
1945 verloren 12 Millionen in Mittel- und Osteuropa beheimatete Deutsche ihre Heimat. Zu denen, die in den letzten Kriegsmonaten flüchteten, um ihr Leben zu retten, kamen in den ersten Nachkriegsjahren die Vertriebenen hinzu, die oft gewaltsam aus den ehemaligen besetzten Gebieten ausgewiesen wurden. Obwohl diese Zuzügler vor dem Gesetz "gleich" waren und ebenfalls die deutsche Staatbürgerschaft hatten, sahen sie sich mit Ignoranz, Verachtung, Rassismus und Feindseligkeit der einheimischen Bevölkerung konfrontiert. Am Anfang hieß die Aufnahmegesellschaft sie weder willkommen, noch wurden sie in deren emotionalen Gemeinschaften aufgenommen. Parallel dazu entstanden emotionale Gemeinschaften, in denen die Vertriebenen zusammenkamen, und die dadurch gestärkt wurden, dass viele Vertriebene der Auffassung waren, sie hielten sich nur vorübergehend in Deutschland auf und warteten nur den richtigen Zeitpunkt ab, wieder in ihrer ehemaligen Heimat zurückzukehren. Aufgrund dieser Selbstausgrenzung agierten einige der Vertriebenen mehrere Jahrzehnte lang als eigene politische Einheit in der BRD. Auf dieser Weise wollten sie ihre Besitzansprüche und die Identitäten, die sie mit ihrer alten Heimat verbanden, aufrechterhalten. Anhand von Archivmaterial, Zeitungsartikeln, literarischen Zeugnissen, Biografien und Interviews werden in diesem Projekt der Einfluss der Sudetendeutschen aus der damaligen Tschechoslowakei auf etablierte emotionale Gemeinschaften sowie die Interaktion zwischen der lokalen Bevölkerung und den Neuankömmlingen untersucht.
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung (Halle/Saale)
Dr. Luc Leboeuf, Dr. Tabea Scharrer, Zahir Musa Abdal-Kareem
Die Exklusion von Migranten im fragmentierten internationalen Rechtsumfeld
In diesem Projekt wird der Einfluss des internationalen Rechts auf das Auswahlverfahren während der Aufnahme von Migranten untersucht – d.h. es untersucht, wie entschieden wird, welche Migranten das Bleiberecht erhalten und welche nicht. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, wie die unterschiedlichen Akteure vom internationalen Recht Gebrauch machen: die Staaten, um das Auswahlverfahren zu strukturieren, und die Migranten, um gegen die Exklusion zu kämpfen.
Den Ausgangspunkt bilden zwei unbestrittene Aspekte des internationalen Rechts und des Migrationsrechts. Erstens hat das Migrationsrecht die Funktion, den Auswahlprozess von Migranten zu organisieren, denn es gibt keinen freien Grenzübertritt. Zweitens wurden die meisten internationalen Instrumente zur Regulierung von Migration in spezifischen politischen und historischen Zusammenhängen ad hoc verabschiedet. Jedes einzelne funktioniert nach seiner eigenen Logik und hat zum Teil eigene Überwachungsorgane. Unter Berücksichtigung dieser beiden Aspekte soll dieses Projekt dokumentieren, wie das internationale Recht die Entwicklung der europäischen Migrationspolitik einschränkt. Der Fokus liegt deshalb darauf, wie europäische Staaten das internationale Recht anwenden, und wie Migranten sich darauf berufen. Das Projekt hat das Ziel zu zeigen, wie auf Basis des internationalen Rechts konsequentere und gerechtere Auswahlmechanismen entwickelt werden könnten, die auf dem Gleichgewicht zwischen wirksamen Migrationsregelungen und der Achtung bestimmter Grundwerte beruhen.
Zuhause nirgendwo oder überall? Somalische Rückwanderer in Ostafrika
Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Frage, wie Migrationserfahrungen die Entscheidung, im Migrationsland zu bleiben oder weiter zu migrieren, beeinflusst und welche spezifischen Möglichkeiten und Logiken Exklusion und/oder Inklusion erleichtern oder blockieren. Die Forschung konzentriert sich dabei auf eine Gruppe von Rückkehrern, Somalis in Kenia, und untersucht wie neue Formen der Solidarität und Identifikation im Migrationsprozess entstehen können. Gleichzeitig werden etablierte Kategorisierungen, wie 'Ankunft' oder 'Rückkehr', problematisiert und verfeinert.
Zu Beginn des somalischen Exodus Anfang der 1990er Jahre, flohen die meisten Flüchtlinge in die Nachbarländer Somalias, unter anderem nach Kenia. Später migrierten viele Somalier nach Europa oder Nordamerika, aber auch in arabische Länder. Es gibt jedoch eine Gruppe von somalischen Migranten, die, nachdem sie längere Zeit in Europa, Nordamerika oder arabischen Ländern gelebt haben, jetzt nach Ostafrika "zurückkehren". Das bedeutet in vielen Fällen, dass sie sich in Kenia niederlassen, da Somalia noch als zu gefährlich angesehen wird. In Kenia finden sie eine große somalische Gemeinschaft vor, die sich sowohl aus kenianischen Somalis, wie auch aus in Kenia lebenden Flüchtlingen aus Somalia zusammensetzt.
Einige dieser somalischen "Rückkehrer" in Kenia sind deutlich sichtbar - diese "erfolgreichen" Rückkehrer sind häufig Eltern mit Kindern oder junge Erwachsene. Letztere wuchsen meist außerhalb von Ostafrika auf und haben oft keine Erinnerung an Somalia. Es gibt aber auch Somalier, die unfreiwillig in die ostafrikanische Region zurückzukehren - diese "Deportierten" erfuhren häufig rechtliche oder sozioökonomische Exklusion im Migrationsland. Diese Muster der Ausgrenzung und Einbeziehung müssen nicht nur in Hinblick auf lokale Rahmenbedingungen erforscht werden, sondern auch in Bezug auf Alter und Generation, Geschlecht, Status und Klasse. Diese Faktoren spielen auch dafür eine Rolle, wie Ausgrenzung und Einbeziehung erlebt und wahrgenommen werden.
Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik (München)
Dr. Christian Hunkler, Dr. Julia Hagn, Dr. Romuald Méango, Dr. Constantin Hruschka, Tim Rohmann
Verlorenes Potenzial: die Rechte und Leben der Exkludierten
Dieses Projekt soll einen Einblick in die rechtlichen und politischen Faktoren geben, die Mechanismen der Exklusion schaffen und verfestigen. Daneben sollen die sozioökonomischen Folgen der Exklusion für Migrantinnen und Migranten beleuchtet werden.
Die aktuell hohe Anzahl von junger Migranten und Migrantinnen birgt das Potenzial, die wirtschaftlichen Herausforderungen des demographischen Wandels auszugleichen. Dafür müssen diese aber möglichst schnell und reibungslos in den Arbeitsmarkt und und reguläre Beschäftigung eingebunden werden. Ausgehend von den Migrationsbewegungen nach Deutschland seit 2012 untersuchen wir eine Reihe komplexer Fragen, für die sowohl juristische Fachkenntnisse als auch Erkenntnisse aus den Politik- und Wirtschaftswissenschaften erforderlich sind.
Im rechtswissenschaftlichen Teil des Projekts werden die im - durch internationale und europäische Vorgaben geprägten - deutschen Migrationsrecht existierenden Kategorisierungen unterschiedlicher Gruppen von Migrantinnen und Migranten herausgearbeitet. Eine systematische Analyse der bestehenden Rechtsstatus und der entsprechenden sozialen Rechte soll die normativen Wege der Exklusion offenlegen. Darüber hinaus wird so der Hintergrund für einen Vergleich zu jenen Migrantinnen und Migranten geschaffen, die illegal in das Land gekommen sind, die ihre rechtlichen Möglichkeiten für zur Gewährung eines Aufenthaltsrechts ausgeschöpft haben, oder die auf andere Weise durch das aufenthaltsrechtliche Netz fallen. Die Rechtsvorschriften sehen ein breites Spektrum an Möglichkeiten und Einschränkungen vor, die je nach Aufenthaltsstatus unterschiedlich sind. Aus der systematischen Betrachtung dieser Kategorisierungen werden Schlussfolgerungen hinsichtlich der Integrationschancen der jeweiligen Gruppe gezogen. Die Ergebnisse dienen zudem als Hypothesen für den empirischen Teil der Untersuchung, in dem die verschiedenen Grade der Exklusion hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Integration verglichen werden.
Die empirische Untersuchung besteht aus einer quantitativen Studie, die repräsentative Daten von regulär und irregulär aufhältigen Personen erhebt. Das Stichprobenverfahren beruht auf der Methode des Respondent-Driven-Sampling (RDS), das besonders geeignet ist, um "verborgene Bevölkerungsgruppen" zu erfassen. Die damit erhobenen Daten werden unter anderem die Wege, die zur Exklusion führen, aufdecken. Im Fokus stehen dabei die Kompetenzen und Integrationsinvestitionen von Migrantinnen und Migranten in Abhängigkeit ihrer zukünftigen Perspektiven. Die empirischen Erkenntnisse werden wiederum mit den Schlussfolgerungen aus der rechtlichen Analyse abgeglichen. Darüber hinaus dienen sie der Erarbeitung von alternativen politischen Ansätzen zur Vermeidung der aufgedeckten Exklusionsmechanismen.
Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften (Göttingen)
Dr. Miriam Schader, Magdalena Suerbaum
Soziale Folgen des Rechtsstatus und des Prüfungsverfahrens unter Asylsuchenden in Deutschland
In diesem Projekt wird aus anthropologischer Perspektive untersucht, wie sich rechtliche Prozesse und Bedingungen sowie ihr Rechtsstatus auf das Leben von Asylsuchenden in Deutschland auswirken. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass das Prüfungsverfahren und der Rechtstatus, den die Neuankömmlinge nach Abgabe ihres Asylantrages erhalten, spezifische Folgen für ihre Leben haben, da der Zugang der Neuankömmlinge zu Ressourcen, Dienstleistungen, Information und Beratung dadurch beeinflusst wird. Darüber hinaus hat der Rechtsstatus Auswirkungen auf Einkommen, Gesundheit, Unterkunft und soziale Kontakte der Neuankommenden. Im Projekt wird analysiert, welches Alltagswissen die Neuankömmlinge über das deutsche Asylsystem haben und welche Erfahrungen sie damit machen, sowie die Praktiken und Strategien, die sie anwenden, um sich im Asylsystem zurechtzufinden. Asylsuchende in Deutschland werden durch die unterschiedlichen Stadien des Verfahrens mit ihrem jeweils unterschiedlichen Rechtsstatus begleitet und die Prozesse analysiert: von der Ankunft, der Registrierung und der Antragstellung über das Warten auf die Entscheidung bis hin zum möglichen weiteren Verfahren je nach positivem oder negativem Bescheid. Das Projekt strebt an, der Vielfalt der Neuankömmlinge möglichst gerecht zu werden und ihre unterschiedlichen Bleibeperspektiven, Herkunftsländer, sozioökonomischen Hintergründe und Familienstände abzubilden. Zentrale Fragen sind dabei, wie Asylsuchende ihren Rechtsstatus und dessen Bedeutung verstehen, wie sich dieser Status auf ihr Leben auswirkt und wie sie damit umgehen. Wichtige Aspekte sind dabei das informelle Rechtswissen, die Wahrnehmung und Bedeutung des deutschen Staates, seiner Behörden und der notwendigen Dokumenten, sowie der Umgang mit der deutschen Bürokratie. Die Daten werden im Rahmen einer ethnographischen Feldforschung in Berlin erhoben, die in Begegnungsstätten und Erstaufnahmeeinrichtungen, in Beratungsstellen, die rechtliche Hilfe für Asylsuchende und Flüchtlinge anbieten, und in Förderprojekten für Flüchtlinge und Migranten stattfindet.
Lokale Transformationen
In diesem Projekt wird untersucht, wie die Kommunalbehörden in Deutschland auf die Ankunft einer größeren Anzahl von Asylsuchenden reagieren. Obwohl die rechtliche Inklusion oder Exklusion der Flüchtlinge sowie ihr Zugang zu Sozialleistungen wesentlich von der Gesetzgebung auf EU-, Bundes- und Länderebene abhängen, wird die Umsetzung von Gesetzen wie dem neuen Integrationsgesetz stark durch die Kommunen geprägt. Diese sind im Rahmen des in den Gesetzen enthaltenen Spielraums berechtigt, ihre eigenen Regelungen zu entwickeln. Zugleich ist die Ankunft einer großen Anzahl von Flüchtlingen eine Herausforderung, die das lokale soziale Gefüge und die Strukturen, Prozesse und Einrichtungen des täglichen Lebens verändern könnte. Im Projekt wird hinterfragt, wie die Kommunen mit dem Flüchtlingszustrom unter unsicheren Umständen umgehen und wie sie dabei zur Exklusion von Flüchtlingen beitragen. Es wird untersucht, wie sich die lokalen Behörden im föderalen System hinsichtlich der Aufnahme und der Teilhabe von Asylsuchenden positionieren, wie sie die Lage der Flüchtlinge beeinflussen und verändern und wie der jüngste Flüchtlingszustrom wiederum die kommunalen Behörden verändert (oder nicht).