Wissen – Erfahrung – (Be)Handlung: Schlaf & Schlaflosigkeit in Deutschland
 

Schlafforschung boomt. Durch Apps und in Schlaflaboren scheint unser Schlaf immer messbarer zu werden. Neue Pharmazeutika und Medizintechnologien versprechen Schlaf kontrollierbar zu machen. Doch wie wirken diese neuen Wissenswelten auf die Erfahrung von Schlaf, besonders von Menschen, die sich guten Schlaf wünschen und daran scheitern? Das Projekt beleuchtet die Dilemmata, die bei der Wissensproduktion über Schlaf entstehen. In welchem Verhältnis stehen subjektiv-erlebter und objektiv-gemessener Schlaf? Was passiert mit Schlaf an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine?

Ziel des Projektes ist es, die vielfältigen Faktoren, die unseren Schlaf und unseren Umgang mit ihm prägen, besser zu verstehen. Obwohl die Schlafforschung sehr interdisziplinär ist, wird sie v.a. von der Neurologie, der Biologie, der Psychologie und der Medizin dominiert. Ethnologische Forschungen gibt es bisher kaum. Dies ist verwunderlich, denn Schlaf ist ein biosoziales Phänomen, welches nicht nur durch Hormone, Neurotransmitter, oder Biorhythmen gesteuert wird, sondern auch stark durch sozio-kulturelle Faktoren geprägt ist. Wie, wo, wann, und mit wem Menschen schlafen (dürfen bzw. können) variiert zwischen Gesellschaften, sozialen Schichten, Altersgruppen, und historischen Epochen. Schlaf bildet eine interessante Schnittstelle zwischen Individuum und Gesellschaft und verdeutlicht die analytische Untrennbarkeit von Körper und Geist, Natur und Kultur.

Konkret befasst sich das Projekt mit dem komplexen Zusammenspiel von Schlafwissen, Schlaferfahrung und Schlaf(be)handlungen. Wie wird das komplexe Phänomen Schlaf überhaupt gemessen? Wie ist das Verhältnis von subjektivem Schlaferleben und den vermeintlich „objektiven“ Daten, die im Schlaflabor oder von sogenannten Sleep Trackers generiert werden? Was bedeutet „guter Schlaf“ für unterschiedliche Menschen? Und was tun Schlafgestörte oder Fachleute, um Schlaf zu verbessern und gesunden Schlaf herbeizuführen? Mit diesen Fragen beschäftigte ich mich sich seit Januar 2022 in dem laufenden Projekt „Wissen – Erfahrung – (Be)Handlung: Schlaf & Schlaflosigkeit in Deutschland“, das an der Schnittstelle zwischen Medizinanthropologie, Psychologischer Anthropologie und den Science and Technology Studies angesiedelt ist. Die Forschung basiert auf teilnehmender Beobachtung in einem Schlaflabor sowie auf Interviews mit Patient*innen, Schlafmediziner*innen und Wissenschaftler*innen.

Zur Redakteursansicht