Intimer Aktivismus: Eine Ethnographie des ethischen Strebens auf einem verwundeten Planeten

In seinem aktuellen Forschungsprojekt beschäftigt sich Arne Harms mit ethischen Reformprojekten, wie sie vor dem Hintergrund planetarischer Krisen entstehen. Er untersucht, wie Umweltzerstörung – als gelebte Erfahrung und dystopische Vision – alltägliche Entscheidungen beeinflusst und wie ethisches Handeln als politische Praxis umgedeutet wird.

Das Projekt geht von der Beobachtung aus, dass das Persönliche eine immer größere Rolle in Bewegungen zur sozialökologischen Transformation einnimmt. Neben gesetzlichen Regelungen, globalen Anstrengungen und der Forderung nach grundlegenden ökonomischen Neuausrichtungen, werden Rufe nach veränderten Alltagsentscheidungen immer lauter. Diese seien notwendig – so heißt es – um jene gesamtgesellschaftlichen Veränderungen hervorzubringen, die im Angesicht von globaler Erderwärmung und Biodiversitätskollaps nötig sind, um Leben und Überleben zu sichern. An einem Ende des Spektrums, vermarkten Firmen ihre Produkte oder Leistungen als besonders umweltschonend und fordern Bürger dazu auf, als Konsumenten durch ihre Kaufentscheidung Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. Am anderen Ende des Spektrums ändern Individuen ihr Verhalten und stellen die Sorge für die Natur und planetarische Belange sind Zentrum ihres Handels. Dieses Projekt untersucht, wie Akteure im urbanen Deutschland zwischen diesen beiden Polen changieren und sich damit selbst zum Vehikel politischer Praxis machen, Umweltverantwortung übernehmen und so eine möglichst wenig katastrophale Zukunft anvisieren.

Dieses Projekt stellt unorthodoxe politische Aktivisten und urbane Gärtner in den Vordergrund und fragt nach neuen Praktiken und Imaginationen der sozialökologischen Transformation sowie dem Guten Leben. Wie wird das Selbst und der Körper als Mittel genutzt, um gesellschaftliche Veränderung zu erreichen und Verantwortung in einer mehr-als-menschlichen Welt zu übernehmen? Methodisch verbindet das Projekt Umweltanthropologie mit einer Anthropologie der Ethik. Es vermittelt ein Verständnis für den Beitrag, den alltägliche Verhaltensweisen und intime Formen des Aktivismus zu globale Transformationen leisten und denkt neu – aus dem Blickwinkel der Fürsorge für Umwelt – über Techniken des Selbst nach und ihrer Rolle als Hoffnungsträger für Verbesserung. Es erschließt die Dynamik von Fürsorge und Kontrolle auf der Ebene individueller Entscheidungen und verkörperter Praktiken, und bindet diese gleichzeitig stets an globale Verantwortlichkeiten und Zukünfte an.   

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