Räume der Politik und des Humanitarismus: Die Haltung der lokalen Bevölkerung gegenüber Einrichtungen für Geflüchtete

Jakub Zahora‘s aktuelles Forschungsprojekt "Spaces of Politics and Humanitarianism: Local Population’s Attitudes towards Refugee Centers" wird von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert. Er untersucht, das Verhältnis der lokalen europäische Bevölkerung zu Einrichtungen für Geflüchtete nach dem sogenannten "langen Sommer der Migration" 2015. Architektonische Merkmale und räumliche Bedingungen von Flüchtlingseinrichtungen – so die Arbeitshypothese – beeinflussen das emotionale Erleben der umliegend wohnenden Bevölkerung und wirken sich auch direkt auf die Ausbildung politischer Positionen aus.

Die Forschung konzentriert sich auf alltägliche Praktiken und Empfindungen und fragt, wie räumliche und materielle Konstellationen von Flüchtlingslagern und ihrer Umgebung die Emotionen und Einstellungen lokaler Bürger*innen prägen. Das Datenmaterial beinhaltet Feldbeobachtungen in Leipzig und Dresden, Interviews mit Bürger*innen und Verantwortlichen und Dokumentenanalysen. Besonderes Augenmerk liegt auch auf der Beschreibung physischer und räumlicher Merkmale der Einrichtungen und auf Teilnahmen an politischen Veranstaltungen, sowie Beobachtungen und Aufzeichnung von politischen Aktionen und Meinungsäußerungen. Das Projekt ergänzt die aktuelle Migrationsforschung, indem es sich explizit auf die Mitglieder der Aufnahmegesellschaft konzentriert.

Wissenschaftler*innen konzentrieren sich häufig auf die Erfahrungen der Geflüchteten und thematisieren die Auswirkungen von illiberalen und repressiven Migrationsregimen, sowie Formen von Widerstand und Selbst-Ermächtigung von Geflüchteten. Es gibt umfangreiches Wissen über den Wandel der Innen- und EU-Politik in den Bereichen Grenzsicherung und Management von Flüchtlingen. Schließlich liegen statistische Erhebungen und Diskursanalysen über die zunehmend fremdenfeindlichen Einstellungen gegenüber Neuangekommenen vor. Im Gegensatz dazu konzentriert sich dieses Projekt auf Alltagserfahrungen und politische Praktiken, sowie die materielle Umwelt durch die diese mitgeprägt werden. Wie passen sich Einrichtungen für Geflüchtete in die alltäglichen Stadtlandschaften ein? Welche räumlichen Erfahrungen vermitteln und welche Affekte erzeugen sie? Mit dieser Forschungsfrage rückt das Projekt das Erleben der lokalen Bewohner*innen in das Zentrum und erweitert das analytische Feld durch Überlegungen zur baulich vermitteltet raum-zeitlichen Erfahrung Flüchtlingsmanagement.

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