Fluchtmigration: Wer arm ist, hat wenig Chancen

16. Mai 2019

Vom 23.–24. Mai 2019 findet am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung (MPI) ein Workshop mit dem Titel „Forced Migration, Exclusion, and Social Class“ statt. Die Teilnehmer des Workshops werden sich damit auseinandersetzen, wie der wirtschaftliche und soziale Hintergrund, den Menschen vor der Flucht hatten, ihre Lebenschancen während der Flucht und nach der Ankunft in den Aufnahmestaaten beeinflusst. Der Workshop findet im Rahmen der von der Max-Planck-Gesellschaft finanzierten Forschungsinitiative "Herausforderungen von Migration, Integration und Exklusion (WiMi)" statt. Die Sprache des Workshops ist Englisch.

Keine Flucht ohne Geld
„Flucht bedeutet häufig, dass Menschen ihren Besitz, ihre soziale Stellung und ihre Netzwerke verlieren. Wenn du fliehen musst, bist Du erst einmal ganz unten“, sagt Dr. Tabea Scharrer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am MPI und Co-Organisatorin des Workshops „Forced Migration, Exclusion, and Social Class“. Für viele Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, ist dies eine traumatisierende Erfahrung. Einige kommen damit und mit den Unwägbarkeiten ihrer neuen Umgebung jedoch sehr viel besser zurecht als andere. Das liegt vor allem daran, dass jede Flucht mit immensen Kosten verbunden ist. Und wer wenig Geld hat, dessen Chancen sind gering, überhaupt am Ziel anzukommen. Aber Menschen in Not, die zur Flucht gezwungen werden, brauchen nicht nur Geld. Sie brauchen auch das nötige Wissen, um die zahlreichen Gefahren, Hindernisse und streng bewachten Grenzen zu überwinden.

Schwieriger Neustart von ganz unten
„In der Fluchtforschung gibt es bisher kaum systematische Untersuchungen darüber, in welcher Weise die materielle, soziale und kulturelle Ausgangslage der Geflüchteten die weiteren Lebenswege beeinflusst“, sagt Scharrer. „Es gibt aber viele empirische Hinweise darauf, dass die sozio-ökonomische Position einen größeren Einfluss auf unterschiedliche Lebensstile Geflüchteter hat, als die ethnische oder nationale Herkunft.“ Einige Aufnahmeverfahren für Asylsuchende sind beispielsweise so organisiert, dass Bewerber mit dem Zugang zu entscheidenden Informationen und rechtlicher Unterstützung bessere Chancen haben, aufgenommen zu werden, als Menschen, die weder über Wissen noch über Geld verfügen. Dennoch ist es keineswegs von vornherein klar, dass für Menschen mit umfangreichen Ressourcen der Start in ein neues Leben besser gelingt. Scharrer: „Meist ändert sich der soziale Status durch die Flucht ganz erheblich. So werden Bildungsabschlüsse häufig nicht anerkannt und diese Entwertung des eigenen Lebens ist nicht nur für Hochqualifizierte sehr frustrierend.“

Ethnologische Fallstudien
Auf dem Workshop werden unter anderem ethnologische Fallstudien präsentiert, die sich mit der Lage von Geflüchteten aus Chile, Nordkorea, Syrien, Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, und Somalia befassen, die jetzt in der Europäischen Union, Südkorea, der Türkei, Tansania oder Kenia leben. Dabei wird es vor allem darum gehen zu untersuchen, ob und wie es ihnen gelingt, sich in den neuen sozialen Räumen zurechtzufinden und ein neues Leben zu beginnen.

Erforschung des globalen sozialen Wandels
Das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung ist eines der weltweit führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Ethnologie (Sozialanthropologie). Es hat seine Arbeit 1999 mit den Gründungsdirektoren Prof. Dr. Chris Hann und Prof. Dr. Günther Schlee aufgenommen und 2001 seinen ständigen Sitz im Advokatenweg 36 bezogen. Mit Ernennung der Direktorin Prof. Dr. Marie-Claire Foblets im Jahre 2012 wurde das Institut um eine Abteilung zum Themenfeld ‚Recht & Ethnologie‘ erweitert. Forschungsleitend ist die vergleichende Untersuchung gegenwärtiger sozialer Wandlungsprozesse. Besonders auf diesem Gebiet leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Institutes einen wichtigen Beitrag zur ethnologischen Theoriebildung. Sie befassen sich darüber hinaus in ihren Projekten oft auch mit Fragestellungen und Themen, die im Mittelpunkt aktueller politischer Debatten stehen. Am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung arbeiten gegenwärtig 230 Wissenschaftler aus über 30 Nationen. Darüber hinaus bietet das Institut zahlreichen Gastwissenschaftlern Raum und Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch.

Das WiMI-Projekt der Max-Planck-Gesellschaft
Die von der Max-Planck-Gesellschaft finanzierte Forschungsinitiative Herausforderungen von Migration, Integration und Exklusion (WiMi) ist auf drei Jahre angelegt (2017–2020). Die Leitung liegt bei Prof. Dr. Marie-Claire Foblets (Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle/Saale) und Prof. Dr. Steven Vertovec (Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen). Projektkoordinatorin ist Dr. Zeynep Yanasmayan (Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle/Saale).

Beteiligt an diesem Gemeinschaftsprojekt sind Forscherinnen und Forscher aus folgenden sechs Max-Planck-Instituten:
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle (Saale)
Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, München

Mehr Informationen zum WiMi-Projekt

Workshopprogramm

Kontakt für diese Pressemitteilung
Dr. Tabea Scharrer
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Abteilung ‘Integration und Konflikt’
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-148
Email: scharrer@eth.mpg.de
https://www.eth.mpg.de/de/scharrer

Dr. Zeynep Yanasmayan
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Abteilung ‘Recht & Ethnologie’
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-318
Email: yanasmayan@eth.mpg.de
https://www.eth.mpg.de/yanasmayan

Kontakt für die Presse
Stefan Schwendtner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung
Advokatenweg 36, 06114 Halle (Saale)
Tel.: 0345 2927-425
Email: schwendtner@eth.mpg.de
https://www.eth.mpg.de

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